Samstag, 13. August 2022

Montessori für ganze Familie/ Weniger ist mehr - Was Familien wirklich brauchen


 "Hilf mir, es selbst zu tun. Zeig mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld, meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir Fehler zu, denn aus ihnen kann ich lernen."

Der wohl meistzitierte Satz von Montessori ist ein zentraler Punkt der Montessori Pädagogik. Die Kinder sollen ermächtigt werden, gemäß ihrem Können und Wissen Aufgaben selbst zu erledigen, die sonst schnell Erwachsene für sie übernehmen. Auch wenn das, vor allem bei kleinen Kindern, oft mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Bei meinem Großen habe ich mir nie Gedanken über die Waldorfpädagogik oder Montessoripädagogik gemacht. Mit meiner damaligen Selbstständigkeit, Haus und Hof, zwei Vierbeinern und meinem Drang zur Pünktlichkeit, war dafür irrtümlicher Weise keine Zeit. Heute ärgere ich mich schon über mich und es tut mir leid für den Großen. Deswegen hatte er keine schlechte Kindheit. Nur habe ich ihn weniger selber machen lassen. Er war allerdings auch ein anderer Typ. Der Zwerg fordert es regelrecht überall mitzuhelfen und möglichst viel selber zu machen und zu bestimmen. In seinem Tempo. Da pünktlich zu kommen, ist echt schon eine Herausforderung und setzt mich schon manchmal unter Stress. Wenn was auf dem Plan steht, wird also möglichst früh mit dem Fertigmachen begonnen. So unterschiedlich sind die Kids. So sah auch Maria Montessori die Kinder: jedes Kind ist ein Individuum - einzigartig und hat andere Bedürfnisse. Da kann ich nur zustimmen. Und auch im Ratgeber >Montessori für die ganze Familie< steht es geschrieben: "Kinder sind einzigartige Individuen, mit eigenen Wesenszügen, Interessen und Emotionen, von klein auf. Nach Montessori zu leben bedeutet nicht, sich auf bestimmte Weise einzurichten oder spezielle Lehrmittel zu kaufen. Vielmehr geht es darum, dass Eltern ihre Kinder zu Freundlichkeit und Empathie erziehen und sie dazu ermutigen, ihre angeborene Intelligenz, Neugierde und Kreativität auszuleben und das Wunder des Lebens wertzuschätzen."

Der gut verständlich geschriebene und schön übersichtlich gegliederte Elternratgeber erklärt die wichtigsten Ansätze der Montessori-Pädagogik und zeigt
anhand alltagsnaher Beispiele und mit praktischen Tipps, wie das Montessori-Konzept ins Familienleben integriert werden kann. Nicht für alle Familien ist die Montessoriart Pädagogik geeignet beziehungsweise nicht jeder kann sich damit identifizieren. Auch bei uns ist nicht alles umsetzbar beziehungsweise nicht alles sagt mir zu. Manches finde ich schon sehr strukturiert und unfrei, wenn man das so ausdrücken kann. So mein Eindruck beim Lesen dieses Ratgebers. Mir geht es auch nicht in erster Linie, ums Fördern, sondern ums Glücklichsein und darum mein Kind in seiner Entwicklung passend zu unterstützen und dafür bediene ich mich an den verschiedenen Möglichkeiten und ziehe mir zum Beispiel aus der Montessori Pädagogik heraus, was meiner Meinung nach zu uns passt und kombiniere es mit meiner Erziehung. Sehr schön finde ich in der Montessori Pädagogik die Einstellung zu Bücher und zur Natur, was in diesem Ratgeber auch betont wird.
Ein schöner Ratgeber, der Montessoriinteressierten eine gut erklärte Übersicht mit verständlichen Beispielen bietet und dabei die Montessori Pädagogik nicht als die einzig wahre Pädagogik aufzeigt, sondern lediglich als Möglichkeit.

"Weniger ist mehr! Was brauchen wir davon wirklich? Wie schaffe ich es mich davon zu trennen?" Gedanken und Fragen, die ich seit einigen Wochen immer wieder habe. Und dabei ein Gefühl der Enge und irgendwie Unzufriedenheit.
Vor sieben Jahren sind wir von einem etwa 140 QuadratmeterHaus mit großer Scheune und etwa 1000 Quadratmeter Grundstück in eine nicht kleine Wohnung, aber ohne große Abstellmöglichkeiten, umgezogen. Keine Scheune, kein Dachboden, kein Keller, keine Garage. "Nur" Wohnräume und Balkon. Ein großer Balkon, das gebe ich zu. Aber es musste entrümpelt werden. In 10 Jahren hatte sich natürlich einiges angesammelt. Bücher  und Spielsachen (hauptsächlich Playmobil und Lego), die in Umzugskartons passten kamen mit. Allerdings wurden die meisten Spielsachen gar nicht mehr ausgepackt und die Kartons landeten so, wie sie waren in der Abstellkammer. Aber was hatte der Große nicht an Fahrzeugen für draußen? Das einzige Fahrzeug, was er allerdings super gerne gefahren ist, war sein Laufrad, aus dem er natürlich schon fast sieben Jahre heraus gewachsen war. Aber dieses wanderte trotzdem nochmal mit. Und wird jetzt tatsächlich vom Zwerg befahren. Aber alle anderen Fahrzeuge wurden schweren Herzens verkauft. Und natürlich noch Vieles mehr. Was habe ich nicht an Klotten und Schuhe aussortiert?! All' die schicken Treter, aus der Zeit vor Kind und Hund. Es blieben nur wenige bequeme und/ oder feste Schuhe. Kind- und Hundgerecht. Und selbst wenn ich wieder abnehme, seien wir ehrlich, in Kleidergröße 36 werde ich nicht mehr passen. Die Proportionen hatten sich einfach verändert. Und somit wurde auch der riiieeesige Kleiderschrank nicht mehr benötigt. Nach einem stressigen Umzug, kam tatsächlich die Erleichterung. Weniger Zeug, weniger Platz, weniger Arbeit alles in Ordnung zu halten. Mein Putzdrang ließ nach und es wurde echt entspannter. Die Urlaube und das Geld wurden nicht mehr in die Instandhaltung eines alten Hauses investiert, sondern in Familienzeit. Nur wurde der Große groß und hatte weniger Zeit für seine Eltern. Und noch weniger für die Spielsachen, die in der Abstellkammer standen oder zum Teil auf dem Flur in Trofast Regalen einsortiert waren. Darüber freute sich aber mein Neffe, wenn er zu Besuch war. So hatte das Aufheben ja einen Sinn. Noch mehr Sinn bekam das Aufheben dann, als unser Zwerg kam. Eine Abstellkammer und Regale voller Playmobil, Lego und Duplo. Allerdings hatte er nicht immer die gleichen Interessen. Für Feuerwehr und Polizei hatte der Große zum Beispiel nichts übrig. Und so wuchs unsere eh schon recht große Spielzeugsammlung nochmal etwas. Und Holzspielsachen, aktuell total angesagt, gab es vom Großen auch nicht und wurden gekauft. Nur gegen albernes Krachmacherspielzeug war ich. Das kam mir nicht ins Haus. Auch sonstiges billiges Plastikspielzeug nicht. Es gibt eine Kramkiste, in der sich sogar noch von mir ÜEi und McDoof Dinge finden. Aufgefüllt vom Großen und weiter geführt vom Zwerg, aber immer wieder gut aussortiert, hält die Kiste ihren Pegel. Und klar gab es/ gibt es hier auch mal Pokémon, Gormiti, Bakugan und Paw Patrol Zeiten, aber diese Artikel halten sich sehr in Grenzen und nicht lange. Sie landen in der besagten gut durchsortierten Kiste.
Und nu sind wir wieder umgezogen. Von Wohnung in ein Haus mit großem Keller, Dachboden, zwei Garagen und Garten. Abstellmöglichkeiten ohne Ende. Und nie hatte ich mehr das Gefühl erdrückt zu werden. Im Mai begann die Packerei und mit dem Auspacken bin ich tatsächlich immer noch nicht fertig. Die meisten Playmobil Kartons sind unverändert in den Keller gewandert. Polizei und Feuerwehr aber ins Zimmer. Und dazu bekommt der Zwerg im Wechsel, wenn der Wunsch besteht ein anderes Thema. Mal Dinos, mal Ritter, mal Piraten. Jetzt gerade sind es Waldtiere und das Spielhaus. Wobei das schon wieder zwei Themen sind. Mindestens eines zu viel. Allerdings hat er wirklich intensiv damit gespielt. Dafür bekam all' das Lego, was in der Wohnung auf dem Flur stand und nun in seinem Zimmer in Trofast Regalen, die zu einem großen Spieltisch umfunktioniert sind, steht, weniger Aufmerksamkeit. Dann wären da Holzeisenbahn und Parkgarage. Autos gehören natürlich auch dazu. Und Bauklötze könnten ja auch dazu aufgebaut werden. Aber wann hat er damit das letzte Mal gespielt? Der Kaufladen und die Küche daneben. Alles aufgeräumt und übersichtlich. ABER es ist mir zu viel. Und ich denke, ihm auch. In der Stube steht eine riesige Duplo Sammlung. Er ist schließlich noch keine vier, spielt auch immer wieder mal damit. Wie auch seit dem zweiten Geburtstag mit Lego. In das eine wächst er gerade rein, aus dem anderen noch nicht raus. Dann wollte ich eine Teil des Duplos aussortieren. Denn Zug und Flughafen waren nie von großem Interesse. Tja, was hat er vor zwei Tagen aufgebaut? Eine riesige Eisenbahnstrecke. Die Fahrgäste fahren durch Zoo und Jurassic World. An Fantasie mangelt es nicht. Kann gut sein, dass hier die vielen vielen Geschichten, die ich ihm tagtäglich mehrmals vorlese, einen Beitrag leisten. An Büchern hat es bei uns nie gemangelt und das Interesse ist groß. Doch jetzt musste ich die Stellplätze umstrukturieren und es sind viel mehr Bücher im Kinderzimmer gelandet, als es vorher waren. Völlig unübersichtlich für den Zwerg und schon geht er nicht mehr alleine ans Regal, um sich welche zum Anschauen heraus zu nehmen. Eine Tragödie, finde ich. Nu überlege ich, wie ich es abändern kann. Eine Kiste Bücher ist aussortiert. In viele Bücher wächst er noch rein. Wohin damit, bis es soweit ist? Und so überkommt mich leichte Unzufriedenheit. Das Kind ist gar nicht gut im Trennen von Dingen oder Veränderungen. Die letzten Wochen nach dem Umzug waren hart. Spielsachen weg packen wäre nicht einfach möglich. Und für mich sind Bücher Schätze, die nicht in Kisten in den Keller gehören. 🙈 Und doch kommt in mir manchmal der Gedanke/ der Wunsch nach einem Tiny House auf. Da muss man mit weniger auskommen. Und (!) es gibt nicht drei Toiletten plus viele Räume mehr zum in Ordnung und sauber halten, was einem wertvolle Zeit mit dem Kind und irgendwie Gelassenheit stielt. Und da kommen wir wieder auf den Titel des absolut klasse, gar nicht langweilig, zum Teil sogar amüsant geschriebenen Ratgebers >WENIGER IST MEHR - Was Familien wirklich brauchen< von Leonie Schulte aus dem DK Verlag. Ohne erhobenen Zeigefinger beschreibt sie, wie wir das Familienleben entschleunigter und minimalistischer gestalten können. Das bezieht sich nicht nur auf materielle Dinge, sondern auch auf Termine/ Freizeitaktivitäten, Erwartungen, Erziehung, Alltagsorganisation und Beruf. In den gut gegliederten und übersichtlichen Kapiteln kommen zudem verschiedene Expert:innen, wie unter anderem von Professor Gerald Hüther und Mütter und Väter zu Wort. Leonie Schulte lässt immer wieder interessante Aussagen von Expert:innen, Quellen und Zitate in ihr Geschriebenes einfließen, was mir zeigt, dass sie sich sehr gut mit der Thematik auseinander gesetzt hat und weiß wovon sie schreibt. Mit ihrem Ratgeber liefert die freie Journalistin und Mutter von drei Töchtern wertvolle Denkanstöße und interessante Tipps, um Erwartungsdruck und Ballast zu reduzieren und bewusster zu konsumieren. Ich würde von mir behaupten, dass ich, was Erwartungen, Termine angeht schon länger minimalistisch lebe. Da mache ich uns keinen Stress. Und nach der Aufgabe meiner Selbstständigkeit, gab es auch keinen beruflichen Stress mehr. Nu müssen wir es nur mal schaffen die Inhalte unserer Räumlichkeiten umzustrukturieren. 😉 Ein super geschriebener Ratgeber, dem man anmerkt, dass sich die Autorin nicht nur in der Theorie mit all' den Themen auseinander gesetzt hat.